„Für Yoga muss man fit und beweglich sein!“ – Was ist denn mit unseren Senioren?
- Julia Kistler
- 18. Juli
- 2 Min. Lesezeit
"Für Yoga muss man fit und beweglich sein", ein Satz, den ich als Yogalehrerin immer wieder höre – fast schon automatisch, wenn Menschen zögern, sich auf die Matte zu begeben.
Ob das stimmt? Nein!
Und ich erzähle euch das beste Beispiel dafür!
Vor etwa sechs Jahren zog mein 'Grosmami' in eine Alterswohnung, angeschlossen an ein Alters- und Pflegeheim. Es war ein grosser Schritt, ein Abschied von Vertrautem und der Beginn eines neuen Lebensabschnitts.
Das Ankommen war nicht leicht. Neue Räume, neue Gesichter ein anderer Tagesrhythmus, all das braucht Zeit. Die Aktivierungsangebote schienen ihr anfangs fremd: "So etwas brauche ich nicht", sagte sie mit einer Mischung aus Stolz und Skepsis.
Doch eines Tages geschah etwas Kleines, das Grosses bewirken sollte: Sie wagte sich in die wöchentliche Yogastunde.
Bei jedem meiner Besuche erzählte sie mir voller Begeisterung von diesen Yogastunden. Kein spektakuläres Yoga mit akrobatischen Haltungen, sondern vielmehr ein achtsames Ankommen im eigenen Körper, bewusstes Atmen und ein inneres Ruhigwerden. Diese sanfte Yogapraxis war ein Geschenk für sie.
Diese Erfahrung und das Miterleben haben etwas in mir berührt. Und so reifte der Wunsch, tiefer in dieses Thema einzutauchen. Ich wollte lernen, verstehen, spüren.
Im Frühjahr 2025 durfte ich bei Nja Christmann ein mehrtägiges Seminar besuchen.
Nebst vielen Techniken und praktischen Übungen habe ich etwas anderes nochmals viel einprägsamer wahrgenommen:Den tiefen Respekt vor dem Alter.Die Erkenntnis, dass Yoga im hohen Alter wirklich nicht weniger wirksam ist – sondern vielleicht sogar noch kraftvoller, weil es nicht vom Ego getrieben ist, sondern vom Wesentlichen: Verbindung, Präsenz, Lebensfreude.
Ich bin unglaublich gespannt, was aus diesem Ansatz entstehen darf.Seniorenyoga ist für mich eine Brücke – zwischen Generationen, zwischen Körper und Geist, zwischen Menschen und ihrer eigenen Lebendigkeit.
Ich freue mich jetzt schon auf die ersten Stunden. Auf das stille Lächeln nach der Yogaeinheit. Auf Gespräche. Auf die Begegnung auf Augenhöhe.
Denn was ich weiss: Wir dürfen von unseren ‘Grosmamis’ und ‘Grospapis’ so viel lernen.
Über das Leben. Über Geduld. Über das Wesentliche.

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